Seit 5 Monaten lebe ich nun als Freiwillige im wunderschönen Polen. In der ebenso schönen Altstadt Warschaus, um genau zu sein. Bevor ich ankam, wusste ich kaum etwas über Polen und wurde positiv überrascht als es sich als super interessantes, schönes und vor allem vielseitiges Land entpuppte!
Ich arbeite 4 Tage die Woche im Büro der polnischen Diakonie und einen Tag die Woche in einem Altenheim etwa 1 Stunde außerhalb von Warschau. Im Büro gibt es immer verschiedene Dinge zu erledigen, aber am häufigsten bin ich damit beschäftigt, Dokumente zu kopieren, Übersetzungen zu verfassen (deutsch-englisch, englisch-deutsch), Briefe für die Post vorzubereiten oder PowerPoints zu entwerfen. Ich gehe außerdem auch oft in die Stadt um Briefe bei der Post abzugeben oder Besorgungen für das Büro zu machen.
Viele gucken mich verdutzt an wenn sie hören, dass ich meinen Freiwilligendienst in einem Büro mache und fragen ob das denn nicht langweilig sei. Nein, das ist es überhaupt nicht! Die Arbeit ist immer abwechslungsreich und interessant und obwohl ich alleine arbeite, bin ich immer unter Menschen. Für junge Menschen, die zwar den Kontakt und Umgang mit Anderen sehr schätzen, aber nicht für eine Arbeit mit zum Beispiel Kindern sieben Stunden am Tag gemacht sind, finde ich meine Einsatzstelle perfekt.
Wie gesagt, gehe ich einmal die Woche in das Altenheim „Tabita“ in Konstancin. Hier besuche ich 3-4 alte Damen mit denen ich mich unterhalte, Tee trinke, deutsch (ihrerseits) und polnisch (meinerseits) übe. Außerdem hat der Pastor des Heimes ihnen vorgeschlagen mit mir ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben, und da ich von der Idee sehr angetan bin, versuche ich nun das Projekt in Gang zu setzen.
Ich wohne in einem Studentenwohnheim mit 17 männlichen Theologiestudenten und 3 anderen Mädchen die in Warschau studieren (allerdings nicht Theologie). Ich habe immer gedacht, ich sei ein toleranter Mensch, aber hier habe ich gemerkt, dass ich es ganz und gar nicht haben kann wenn man nicht der, meiner Meinung nach, „richtigen“ Meinung ist. Dass man kein schlechter Mensch ist, sondern trotzdem ein guter Freund sein kann, nur weil man beispielsweise die Emanzipation anders betrachtet als ich es für richtig halte, habe ich vorher nicht für möglich gehalten. Ich lerne hier, so „cliché“ das auch klingen mag, andere Meinungen und Haltungen einfach zu akzeptieren.
Außerdem lernt man in seinem Auslandsjahr schnell mit Händen und Füßen zu kommunizieren, wenn man die Sprache noch nicht spricht! Eine gute Idee ist es jedoch trotzdem sich von zuhause aus vorzubereiten, damit man wenigstens die absoluten „basics“ drauf hat wie „danke“ „bitte“ und „guten Tag“. Es gibt nämlich nur ausgesprochen wenig Polen die im Servicebereich arbeiten, die englisch oder deutsch sprechen. Am besten ist es also, immer ein kleines Wörterbuch dabei zu haben und sonst wedeln, stampfen und zeigen was das Zeug hält! Kleiner Tipp: In der Touristen Information sprechen sie Englisch und wissen über so gut wie alles Bescheid.
Ich kenne in Polen noch 7 andere Freiwillige – 3 in Krakau, 3 in Breslau und eine in Białystok. Bei Seminaren und über Facebook und E-Mail Kontakt ist richtig zu spüren, dass es ihnen genau so gut geht wie mir. Wir haben uns jedoch auch viel über Probleme im Freiwilligendienst unterhalten und wir wurden uns schnell einig, dass hier die Lösung „Eigeninitiative ergreifen“ heißt. Das heißt nicht, dass man vollkommen auf sich selbst gestellt ist, sondern nur, dass wenn es ein Problem gibt oder man mit etwas unzufrieden ist, es darum geht so schnell wie möglich mit Mentoren, Freunden, Eltern und anderen Kontaktpersonen darüber zu sprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Wenn einem etwas in der Einsatzstelle nicht passt, ist ein guter Vorschlag immer, seine Kontaktperson anzusprechen und selber Lösungs- oder Veränderungsvorschläge zu machen. Manchmal kann auch die Entsendeorganisation helfen oder gute Ratschläge geben. Dies hilft auch der Organisation an sich, damit sie bescheid wissen über eventuelle Probleme in ausgerechnet deiner Einsatzstelle. Uns allen haben diese kleinen Tipps und Methoden schon aus der einen oder anderen kleinen Situation geholfen.
Etwas das man auf jeden Fall ausnutzen sollte, während man in Polen ist, ist das Reisen. Es gibt unglaublich viele historische und kulturgefüllte Städte sowie Thorn – Heimatstadt Kupernikus’, Breslau, Krakau und Warschau, wunderschöne Natur – die Berglandschaft in Wisła und Bielsko, die Seen und Wälder in den Masuren, die Hafenstadt Danzig. Und außerdem macht das Zug fahren in Polen super viel spaß. Die Züge haben total old-school Harry Potter ähnliche Abteile mit super gemütlichen Sitzen und meistens mit netten Menschen drin. Da fühlt sich eine 6-stündige Reise fast an wie ein Katzensprung!
Ich habe schon viele andere Freiwillige hier im Osten besucht und es ist immer ein riesen Spaß gewesen. Ich war 3 mal in der Slowakei – Žilina und Košice. Nicht die schönsten Städte der Welt, aber mit den richtigen Leuten kann man das volle Potenzial herausholen und es in vollen Zügen genießen. Vor einigen Wochen habe ich meine Freundin in Breslau besucht, einige Wochen davor waren wir auf einem Seminar in Istebna, in wunderschöner Berglandschaft und ganz am Anfang meines Dienstes habe ich mich mit 15 anderen Freiwilligen in Krakau getroffen. Im Mai ist auch schon die nächste Reise geplant und diesmal soll es in die berühmte Hafenstadt Danzig gehen. Touren nach Thorn, Bratislava und Budapest sind auch schon in Planung und ich freue mich wie ein kleines Kind auf Weihnachten.
Ich habe zwar erst die hälfte meines Freiwilligendienstes hinter mir, aber ich würde jedem Einzelnen der die Möglichkeit hat, raten nach Polen zu kommen.
Es ist ein wundervolles Land mit vielen Möglichkeiten und netten Menschen, indem man viel erleben kann. Ich hatte bisher 5 der besten Monate meines Lebens und es kann die nächsten 4 Monate eigentlich nur noch besser werden!
(März 2013)
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* Emilie Svane Bruhn hat von Oktober 2012 bis Juni 2013 als Freiwillige in Polen gearbeitet.